Auf Raupensafari

Was werde ich wohl, wenn ich mal erwachsen bin?

Bis vor Kurzem dachte ich, aus Raupen werden Schmetterlinge. Dann entdeckte ich mit einer Freundin zusammen beim Spazierengehen zwei „Räupchen“ auf einer Eiche. Wie kleine langgestreckte Igelchen sahen sie aus und wir witzelten schon, dass sie sich vielleicht später mal in Kakteen verwandeln. Weit gefehlt. Nicht einmal Schmetterlinge sollen die stacheligen Tierchen werden, sondern Eichenblattwespen (Periclista lineolata). Das ergab zumindest unsere anschließende Recherche. Wie aus einer über einen Zentimeter großen Pseudo-Raupe eine 5-7 mm kleine Wespe werden soll, kann ich mir nicht so richtig vorstellen.

Da krabbeln sie munter auf der Eiche herum, die Larven der Eichenblattwespe.

Auch wenn wohl nicht aus jedem Tier, das aussieht wie eine Raupe, später mal ein Schmetterling wird, lohnt es sich im Moment auf Raupensafari zu gehen. Solange sie nicht in Massen auftreten, fallen Raupen uns ja nicht gerade ins Auge. Das soll natürlich so sein, denn viele hungrige Schnäbel und Mäuler freuen sich über eine Raupenmahlzeit. Wer so viele Feinde hat, tut gut daran, sich entweder unsichtbar zu machen oder irgendwie abzuschreckend zu wirken. Ersteres scheint unter den heimischen Raupen die verbreitetere Strategie zu sein. Wenn man nicht ganz genau hinschaut, bemerkt man sie kaum. Am leichtesten habe ich sie bisher entdeckt, indem ich auf angefressene Blätter achte und dann dort nachsehe. Seit ich den Bogen raus habe, begegnen sie mir im Moment überall.

Wie ein zusätzliches Ästchen sitzt die Raupe des Großen Frostspanners auf der Eiche.

An der Brennessel neben am Wegesrand knabbert eine schwarze Raupe, von der ich noch nicht herausfinden konnte, zu wem sie gehört.

Und auch die Linde schmeckt offenbar einer anderen Raupenart.

Um sie etwas genauer zu studieren, habe ich mir ein paar Tagpfauenaugenraupen auf den Balkon geholt. Sie gehören zu den heimischen Schmetterlingsarten, die man auch zu Hause züchten darf. Besonders anspruchsvoll sind sie als Haustiere auch nicht, solange sie genügend frische Brennesseln zu futtern haben. Denn außer Fressen haben sie offenbar kaum andere Bedürfnisse. In einem Raupenleben geht es alleine darum, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel von der Lieblingsfutterpflanze zu verstoffwechseln und an Körpermasse zuzulegen. Darin sind sie auch einsame Spitze. Man kann ihnen von Tag zu Tag beim Wachsen zusehen, diesen kleinen hochoptimierten Fressmaschinen. Und falls ihr euch je gefragt habt, ob Raupen nachts schlafen, dann kann ich euch zumindest sagen, dass meine in der Nacht weiter gefressen haben. Nur von Zeit zu Zeit legen sie mal eine Ruhepause ein, um sich zu häuten. Irgendwann haben meine Räupchen dann aber doch das Fressen eingestellt und sich – noch bevor ich anfing mir Sorgen zu machen – verpuppt. Jetzt dürfen sich meine Hände vom Brennesselpflücken erholen und ich bin schon gespannt, wann die Falter schlüpfen. Und ob es auch wirklich Schmetterlinge werden 😉

Die Räupchen bei ihrer Lieblingsbeschäftigung.

Und wer es mir nicht glauben mag, es gibt tatsächlich noch mehr „Raupen“, aus denen keine Schmetterlinge werden. Eine nette Zusammenstellung davon findet ihr hier.

12 Kommentare zu “Auf Raupensafari

  1. Astrid
    28. Mai 2017 um 18:35

    Hallo Mirjam!

    das ist ja wirklich erstaunlich, wie viele verschiedene Raupen und Pseudo-Raupen es gibt. Da werde ich beim nächsten Spaziergang mal die Augen offen halten und gucken, ob ich auch welche sehe.

    Liebe Grüße!
    Astrid

    • mirjam
      29. Mai 2017 um 19:37

      Naja, es gibt ja auch viele verschiedenen Falter und entsprechend viele passende Raupen plus noch all jene, die nur aussehen wie Raupen. Auf jeden Fall lohnt es sich, mal näher hinzuschauen. Ich drücke dir die Daumen für deine Entdeckungstour. Aus meinen vermeintlichen Tagpfauenaugenraupen sind übrigens heute die ersten Kleinen Füchse geschlüpft. So kann man sich irren 😉

  2. 28. Mai 2017 um 21:01

    Oh wie süss, das muss ich alles nochmal genau nachlesen. Bei mir sind auch immer solche schwarzen Raupen auf den Brennnesseln und ich ging immer davon aus , dass es Tagpfauenaugen sind. Vielleicht verändern sie auch noch ihre Farbe.

    Liebe Grüße
    Claudia

    • mirjam
      29. Mai 2017 um 19:40

      Wie schön, dass ich nicht die Einzige bin, die Raupen süß findet 😉 Die Tagpfauenaugenraupen sind doch so stachelig. Sind das deine an den Brennesseln auch? Die, die ich gefunden habe, war ganz ohne Stacheln. Raupenbestimmung ist jedenfalls nicht so ganz ohne.

      • 30. Mai 2017 um 19:41

        Bis jetzt habe ich noch keine Raupen an den Brennnesseln- ich weiß nur es sind immer viele schwarze 🙂
        Hab gegoogelt und du hast Recht – so viele verschiedene Raupen-sehr schwierig, aber vielleicht ist es ein Archips crataegana – Weißdornwickler und die Raupe hat sich nur verlaufen. Hoffentlich sehe ich mal so eine hübsche Raupe der Eichenblattwespe wenn sie auch “ Schädlinge“ sind.
        LG Claudia

        • mirjam
          31. Mai 2017 um 22:09

          Inzwischen habe ich von einem Schmetterlingskenner den Tipp bekommen, dass es wohl die Raupe der Satellit-Wintereule ist. Hat sich aber wohl auch verlaufen, denn normalerweise frisst sie an den Blättern verschiedener Baumarten. Allerdings scheint sie anders als die meisten anderen Raupen auch keine reine Vegetarierin zu sein und verspeist auch gerne mal Blattläuse oder andere Raupen. Vielleicht schaffst du es ja, mal ein Foto von deinen Brennnesselraupen zu machen. Gerade an den Brennnesseln fressen ja einige verschiedene Arten.

  3. Astrid
    2. Juni 2017 um 21:04

    Hallo Mirjam!

    jetzt muss ich doch nochmal hier einen Eintrag verfassen. Auf meinem Weg zur Arbeit gibt es seit Neuestem Raupen von Gespinstmotten. Die sitzen in den Bäumen und Sträuchern und umspinsten alles mit einem ganz dichtem Netz. Sie sind mir aber erst aufgefallen, als ich gesehen habe, wie sie sich in langen Fäden, Raupe an Raupe, von den Bäumen „abseilen“. Irgendwie unheimlich. In so einen Faden muss ich wohl beim Fahrrradfahren eine mitgenommen habe. Denn als ich die Woche ins Büro kam hatte eine Raupe schon auf meinem Schreibtischstuhl angefangen ein dichtes Netz zu weben… Zum Glück konnte ich sie noch rechtzeitig abhalten weiter zu machen 😉

    Liebe Grüße!
    Astrid

    • mirjam
      3. Juni 2017 um 10:43

      Danke für die Geschichte! Das klingt schon fast nach Stoff für einen schlechten Horrorfilm: Durch einen Laborunfall entkommen Raupen, deren Wachstum nicht aufhört, und sie spinnen dann arglose Menschen auf ihren Bürostühlen ein 😉

      Aber du hast Recht. Gespenstisch wirken die kahl gefressen, eingesponnenen Stäucher schon. Bei uns habe ich auch etliche davon gesehen. Ein Räupchen allein ist ja harmlos, aber wenn sie so in Massen auftreten, wirken die kleinen Tiere schon manchmal etwas bedrohlich. Zum Glück erholen sich die Sträucher und Bäume meist wieder recht gut.

  4. 13. Juni 2017 um 18:36

    Hallo Mirjam.

    Schöner Bericht.
    Viel Erfolg mit Deinen Raupen.
    Aus derRaupe auf dem vorletztem Bild wird auch ein Spanner. Sie zeigt die typische Fortbewegung dieser Art.

    LG

    Axel

    • mirjam
      16. Juni 2017 um 11:02

      Danke 🙂 Ja, auf dem vorletzten Bild ist sicher auch eine Spannerraupe, wahrscheinlich sogar auch ein Frostspanner. Die sind in ihrer Färbung wohl relativ variabel.

  5. 1. August 2017 um 11:14

    Hallo Mirjam,
    dieser Post ist mir glatt entgangen, eine tolle Geschichte! Was machen die Puppen bzw. die verpuppten Raupen? Mein Verhältnis zu Raupen ist sehr ambivalent, muss ich zugeben, irgendwie habe einen leichten Horror davor. Wenn sie in Massen auftreten, so wie die Gespinstmotten, ist es ganz übel, das mag ich gar nicht. Das ist unheimlich. Aber ich würde trotzdem gern wissen, was Dein Kindergarten so treibt. 😉
    Liebe Grüße,
    Doris

    • mirjam
      3. August 2017 um 12:20

      Mein Kindergarten ist inzwischen ausgeflogen. Das ging alles so schnell. Im Eiltempo musste ich Brennesseln heranschaffen und dann plötzlich hingen lauter Puppen im Kasten. Die sind Dank warmer Witterung auch schnell geschlüpft und jeden Abend konnte ich mehere Schmetterlinge frei lassen. Und alle waren kleine Füchse und keine Tagpfauenaugen…

      Mit meiner Raupenzucht bin ich in meinem Umfeld auch auf gemischte Reaktionen gestoßen. Für mich waren Räupchen immer in der Kategorie niedlich einsortiert, aber das sieht wohl so mancher etwas anders.

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