Liebesfreud und Liebesleid

Austrocknendes Wasserloch in der Serengeti?

Nein, das auf dem Foto ist kein austrocknendes Wasserloch in der Serengeti, das ist unser Dorfteich oder vielmehr das, was im Moment noch von ihm ürbig ist. Wo vor einigen Wochen noch Frösche und Kröten munter am Quaken waren, vertocknet jetzt das Schilf. Dass das Frühjahr bei uns in Unterfranken zu trocken ausgefallen ist, kann man allenthalben vor allem an den sehr schütter blühenden Rapsfeldern sehen. Allerdings fiel auch im letzten Winter nur etwa ein Drittel der üblichen Niederschlagsmenge und der Grundwasserspiegel liegt an vielen Orten deutlich unter dem Stand, den er vor dem Sommer haben sollte. Die ersten Gemeinden rufen ihre Bürger schon zum freiwilligen Wassersparen auf. Auch wenn das Frühlingsgrün in der Natur noch darüber hinweg täuscht, ich lebe in einem Wassermangelgebeit. Das bekommt auch unser Teich zu spüren. Der Dorfbrunnen, der ihn hauptsächlich versorgt, schüttet momentan eher spärlich und der Aprilregen blieb aus. Zum großen Leidwesen der Amphibien. Gerade die flache Stelle, wo die Grasfrösche am liebsten ablaichen, liegt jetzt trocken. Auch im tieferen Wasser ist kaum noch eine Kaulquappe unterwegs. Wahrscheinlich haben die Fische noch eine große Henkersmahlzeit an Kaulquappen gehalten, bevor sie auch auf dem Trockenen sitzen.

Der Laichplatz der Grasfrösche liegt im Moment komplett trocken.

Im trockenen Schilf raschelt es. Eine letzte Kröte kämpft sich durch die braunen Halme. Ob sie sich wundert, wo ihr Laichgewässer hin verschwunden ist? Auf jeden Fall war das leidenschaftliche Laichgetümmel von Grasfröschen und Erdkröten dieses Jahr im wahrsten Sinne des Wortes verlorene Liebesmüh. Der Frosch- bzw. Krötenregen im Sommer wird diesmal wohl ausbleiben.

Ein einsamer Wanderer in der Wüste.

Aber es gibt ja auch Tiere, denen die Trockenheit nicht gar so zu schaffen macht. Nach dem österlichen Wintereinbruch locken die Sonnenstrahlen Schmetterlinge und andere Insekten hervor. Auch als es noch kühler war, sind mir auf den Streuobstwiesen viele Weißlinge aufgefallen, die sich gar nicht scheu verhielten. Bei näherem Hinsehen konnte ich sie als Senfweißlinge identifizieren oder zoologisch korrekter als zum Artenkomplex der Senfweißlinge gehörig. Zu welcher Art genau die hübschen kleinen Falter gehören, lässt sich nämlich nicht ohne weiteres bestimmen. So fasste man sie früher alle als Senfweißlinge (Leptidea sinapis) zusammen. Dabei ist der deutsche Name ziemlich irreführend, denn die Raupen der Senfweißlinge ernähren sich nicht von Senfpflanzen, sondern verschiedenen Schmetterlingsblütlern wie Hornklee oder Vogelwicke. Daher findet man in der Literatur auch die Bezeichnugn Tintenfleck-Weißling (die Männchen haben einen schwarzen Fleck auf der Spitze der Vorderflügen) oder Leguminosen-Weißling (nach den Futterpflanzen der Raupen). Irgendwann bemerkten akribische Zoologen, dass sich die Senfweißlinge in zwei Arten unterteilen, die sich allerdings nur anhand ihrer Genitalien sicher unterscheiden lassen. So trennte sich von Leptidea sinapis die Schwesterart Leptidea reali ab. Im Jahr 2011 stellte sich dann heraus, dass auch Leptidea reali noch einmal in zwei Arten zerfällt. Die beiden kann man aber nur mittels genetischer Untersuchungen auseinander halten. So spaltete sich von Leptidea reali die Art Leptidea juvernica ab. Aus den einfachen Senfweißlingen war ein Artenkomplex aus drei Schwesterarten geworden, die man ohne nähere Untersuchungen nicht auseinander halten kann.

Zwei verliebte Senfweißlinge

Erstaunlich finde ich, wie die Schmetterlinge selber das hinbekommen. Leptidea sinapis und Leptidea juvernica kommen in Mitteleurope nicht selten in den selben Lebensräumen vor. Die Männchen tun sich wohl schwer, die Damen ihrer eigenen Art sicher zu erkennen und balzen gerne auch mal die der Schwesterart an. Die Weibchen allerdings haben offenbar den größeren Durchblick und akzeptieren nur Partner der eigenen Art. Soweit die zoologischen Hintergründe, die mir nicht bewusst waren, als ich die Wiese der Senfweißlinge betrat, aber da hatten schon zwei Senfweißlinge auf einer Löwenzahnblüte meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, da sie abwechseln ihre Flüge auf und zu klappten. Zum Glück konnte ich sogar filmen, was sich da abspielte. Das ist nämlich so mit die niedlichste Anmache, die ich je gesehen haben. Aber schaut es euch selbst an (ruhig auf Vollbild, da erkennt ihr es besser).



Das Männchen (links im Bild) nähert sich erst ganz vorsichtig dem Weibchen und führt dann mit dem Rüssel seinen „Tanz“ auf. Ich weiß nicht wie, aber offenbar hat das Weibchen ihm einen Korb gegeben, denn er flog nach einer Weile davon und kam auch nicht wieder. Jedenfalls war ich ganz hin und weg von dem Schmetterlingsflirt. Das passt doch in die Rubrik Frühlingsgefühle und bescherte mir neben begeistertem Staunen auch noch eine Menge an biologischen Hintergrundwissen. Da kann der Wonnemonat Mai beginnen 🙂

7 Kommentare zu “Liebesfreud und Liebesleid

  1. 6. Mai 2017 um 12:10

    Die armen Kröten und Frösche, Gott sei Dank ist es bei uns nicht so schlimm mit der Dürre , letzte Woche konnte ich unser 2000l Regen-Fass in 4 Tagen füllen.
    Ich hätte jetzt behauptet dass das Kohlweißlinge sind, wieder was gelernt Senfweißlinge ich muss mir nur den genauen Unterschied noch ergoogeln. Süßes Video und wieder ganz tolle Fotos.
    Liebe Grüße
    Claudia

    • mirjam
      7. Mai 2017 um 10:27

      Bei uns hat es inzwischen zum Glück auch geregnet. Bevor mir die Senfweißlinge in den letzten Wochen dadurch aufgefallen sind, dass sie sich aus nächster Nähe betrachten lassen, wenn sie mit zusammengeklappten Flügeln an einer Blüte sitzen, hätte ich sie auch für Kohlweißlinge gehalten. Anders als die Kohlweißlinge sind sie auf der Flügelunterseite etwas grau überlaufen und klappen ihre Flügel so gut wie nie auf, wenn sie sitzen.

  2. 23. Mai 2017 um 19:27

    Hallo Mirjam.

    Das ist für die Tiere natürlich schlecht, das der Teich austrocknet! Hoffentlich ändert sich das bald!
    Über Regenmangel können wir uns hier nicht beklagen. In den letzten drei Jahren musste ich meinen Gartenteich nicht einmal nachfüllen!
    Danke für die interessante Info bezüglich des Senfweißlings. Diese Art kommt bei uns leider nicht vor. Zu kalt hier. Aber bei Dir fliegen so einige Arten mehr als bei mir.

    LG

    Axel

  3. 26. Mai 2017 um 7:26

    Liebe Mirjam,

    wie ergeht es eurem Teich?
    Bei uns hat es schon mal wieder geregnet, der Natur hat es gut getan!
    Die Szene hast Du toll eingefangen. Das wirkt fast schüchtern und zärtlich…
    Viele liebe Grüße von Christine

    • mirjam
      28. Mai 2017 um 12:37

      Zum Glück hat es ordentlich geregnet und der Teich ist wieder halbwegs voll. Den Kaulquappen nützt es zwar nichts mehr, aber wenigstens können die Fische jetzt wieder schwimmen und die Wasserpflanzen stehen nicht mehr mit trockenen Füßen da.

  4. 5. Juli 2017 um 18:02

    Hallo Mirjam,
    was für ein schönes Video!!! Vielen Dank fürs Teilen.
    Ich habe das auch schon trauriges erlebt mit der Trockenheit, wir hatten hier mal eine große Pfütze die eigentlich immer voll mit Wasser ist, sie war dann in einem Jahr voll mit Kaulquappen, da hatte offenbar eine Kröte die Eier gelegt und ich habe das mitverfolgt. Dann kam Trpckeheit und die Pfütze ist komplett ausgetrocknet und alle sind gestorben. Ich fand das so traurig aber ich konnte nichts tun. Mit einer Gießkanne sort hin laufen das wollte ich nun auch wieder nicht… Liebe Grüße!

    • mirjam
      30. Juli 2017 um 11:07

      Mit deiner Gießkanne hättest du wahrscheinlich sehr oft laufen müssen, um die Kleinen zu retten. Ob es in so einem Fall erlaubt ist, ein paar Kaulquappen zu entnehmen und zu Hause aufzuziehen?

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