Augen größer als der Magen

Wenn ich in unserem botanischen Garten unterwegs bin, dann passiert es mir nicht selten, dass mich die Gärtner daran erinnern müssen, dass der Garten schließt. So viel gibt es zu entdecken, hier noch eine Blume, da ein Schmetterling und ob die Bienen im Stock mit dem „Fenster“ wieder fleißig tanzen? Beim letzten Besuch war ich allerdings nicht die Einzige, die den Gartenschluss fast vergessen hätte, denn am Teich bot sich ein ganz besonderes Schauspiel – faszinierend, dramatisch und vor allem sehr unerwartet. Der Quellteich mit Rohrkolben, Wasserlinsen und Teichrosen ist ein Paradies für Frösche und Molche. Wenn man ein bisschen genauer hinschaut, entdeckt man immer mehr der gut getarnten Amphibien. Warum sie ihre Tarnung gut gebrauchen können, sollten wir bald erfahren.

Gut getarnt in den Wasserlinsen und wahrscheinlich weiß er warum.

Gut getarnt in den Wasserlinsen und wahrscheinlich weiß er warum.

Am hinteren Teil des Teiches stand ein Fotograf, der uns zu sich winkte, als ich gerade einen Frosch ins Visier genommen hatte. Und was er da entdeckt hatte, war wirklich sehenswert. Im Schilf hatte eine Ringelnatter einen dicken Frosch erwischt und versuchte wohl schon seit über einen halben Stunde diesen dicken Brocken zu verschlingen. Mit mäßigem Erfolg, denn viel mehr als das Hinterbein hatte sie noch nicht intus. So richtig wehren wollte sich der Frosch nicht mehr, als wir dazukamen, aber selbst mit ausgerenktem Kiefer und maximaler Anstrengung schaffte sie Schlange es kaum ihn zu schlucken. Noch dazu hing er im Schilf fest und sie konnte ihre Beute nicht einmal tiefer in die Stängel ziehen, heraus aus dem Blickfeld der Schaulustigen, die sich am Ufer sammelten. Da waren die Augen wohl eindeutig größer als der Magen bzw. der Mund gewesen, als sie sich dieses Prachtexemplar von Frosch als Abendessen herausgesucht hatte. Zwischendrin bäumte sich der Frosch noch auf, aber an seiner Situation hat es nicht viel verändert. Nicht nur der Frosch, sondern auch die Ringelnatter war nämlich eines der größeren Exemplare ihrer Art. Im Schilf versteckt konnte ich es nicht genau erkennen, aber einem Meter war sie bestimmt lang.

Können auch Schlangen an Selbstüberschätzung leiden, wenn es um ihr Fressen geht?

Können auch Schlangen an Selbstüberschätzung leiden, wenn es um ihr Fressen geht?

Hier bäumt sich das Opfer noch einmal vergebens auf...

Hier bäumt sich das Opfer noch einmal vergebens auf…

... allerdings sind die Anstrengungen der Jägerin auch nicht so richtig von Erfolg gekrönt.

… allerdings sind die Anstrengungen der Jägerin auch nicht so richtig von Erfolg gekrönt.

Zu gerne hätten wir mitverfolgt, wie dieser Kampf ausgehen sollte. Allerdings kam irgendwann der Gärtner und erinnerte uns daran, dass der Garten in wenigen Minuten schließt. „Ringelnatter-Watching kostet extra“ meint er lächelnd, als er auf uns Schaulustige zukam. Wo gibt es sonst schon den Kampf zwischen einer Wasserschlange und ihrer Beute ganz kostenlos und ohne Glasscheibe dazwischen zu sehen?

2 Kommentare zu “Augen größer als der Magen

  1. 4. Juni 2015 um 19:30

    Hallo Mirjam.
    Das war ja eine spannende Beobachtung!
    Schade das Du es nicht bis zum Ende mitverfolgen konntest…

    LG

    Axel

  2. 5. Juni 2015 um 11:33

    Das sind ja tolle Bilder! Wenn der Frosch sogar für die Ringelnatter zu groß war…. LG Saxia

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